In Bad und WC ist alles okay
Auch im Alter das Bad genießen
Interview mit Herrn Gräff vom Verein Smart Living & Health Center e. V.
Der gemeinnützige Verein Smart Living & Health Center e.V. (SLHC) wurde im Jahr 2018 gegründet. Sein Beratungs- und Informationszentrum entstand aus der Idee heraus, einen Ort zu schaffen, an dem die vielfältigen Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben und Wohnen trotz Einschränkungen gezeigt werden. Christian Gräff, Geschäftsführer des SLHC, gibt einen Überblick über die bereits heute existierenden Möglichkeiten für die barrierefreie Gestaltung von Bädern. Viele der hier vorgestellten Produktlösungen können Betroffene auch in Sanitätshäusern oder Rehafachbetrieben vor Ort testen.
Herr Gräff, in den eigenen vier Wänden spielt das Bad eine große Rolle.
Richtig, es ist ein sehr intimer Bereich, den man so lang wie möglich weitgehend eigenständig und selbstbestimmt nutzen möchte.
Was heißt „barrierefrei“ im Bad?
Im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes sprechen wir von Barrierefreiheit, wenn Räume ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Zwar definiert die DIN-Norm 18040-2 die Anforderungen an ein barrierefreies Bad, im eigenen Bad ist aber vielmehr entscheidend, welche Barrieren man aufgrund der eigenen Einschränkungen wahrnimmt.
Was ist das Wichtigste in einem barrierefreien Bad?
Hier kommt es darauf an, Lösungen für eine sichere Mobilität zu schaffen und Sturzrisiken zu vermeiden, beispielsweise durch eine bodengleiche Dusche. Wichtig sind auch entsprechende Halte- oder Sitzmöglichkeiten für die möglichst autonome Nutzung von Waschbecken, Dusche und WC.
Ein unterfahrbares Waschbecken und ein höhenverstellbares WC gewährleisten vielen Menschen eine weitgehend autonome Badnutzung, auch wenn sie im Rollstuhl sitzen oder motorisch eingeschränkt sind, z. B. nach einem Schlagfanfall. Und im Falle von Pflegebedürftigkeit muss die Badnutzung auch mit Pflegeperson möglich sein.
Welche kurzfristigen bzw. kleineren Anpassungen sind möglich?
Sehr wirksame kurzfristige Maßnahmen sind nach unserer Erfahrung nachrüstbare WC-Sitze mit Reinigungsfunktion, aber auch Wannensitz und Haltegriffe, die sich ohne Bohren befestigen lassen.
Welche baulichen Maßnahmen sollten bei einem umfassenden Badumbau beachtet werden?
Grundsätzlich gilt, dass sich für nahezu jedes Problem eine technische Lösung finden lässt. Wichtig ist beim Badumbau nicht nur die aktuelle Situation, sondern vor allem der Blick auf die nächsten fünf bis zehn Jahre. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie ich mein Bad auch im Falle von gesundheitlichen Einschränkungen und Pflegebedürftigkeit nutzen kann.
Dabei spielt bereits die Zugangssituation eine wichtige Rolle: Kann die Tür nach außen geöffnet werden, damit sie im Falle eines Sturzes im Bad nicht blockiert? Ein rutschhemmender Bodenbelag erhöht die Trittsicherheit. Eine Toilettenerhöhung oder gar eine höhenverstellbare Toilette vereinfachen die WC-Nutzung.
Neu auf dem Markt ist ein höhenverstellbares WC mit drehbarem Sitz. Dies ermöglicht gerade in kleinen Räumen einen einfachen Transfer von und auf das WC und spart Platz.
Kommen wir zu den baulichen Maßnahmen. Ein wichtiger Punkt ist hier die barrierefreie Dusche.
Genau. Eine bodengleiche Dusche ermöglicht das sichere Betreten und reduziert das Sturzrisiko. Sie ist auch mit dem Rollstuhl befahrbar. Auch eine notwendige Unterstützung durch Angehörige oder eine Pflegeperson ist in einer Dusche einfacher zu ermöglichen als in einer Badewanne.
Und was mache ich, wenn ich im Mietshaus wohne?
Für den Abfluss gibt es technische Lösungen mit einer Pumpe, die einen Umbau auch im Mehrfamilienhaus ohne größeren Aufwand ermöglichen. Das erleichtert die Abstimmung mit dem Vermieter.
Wie sollte man die Planung angehen – im Akutfall und auf lange Sicht?
Idealerweise plant man den (Um-) Bau bereits barrierearm – auch wenn noch gar keine Einschränkung vorliegen. Damit kann das Bad auch im Akutfall weitergenutzt oder mit geringem Aufwand angepasst werden. Ein Umbau benötigt immer auch Zeit, welche im Akutfall natürlich fehlt.
Text: © MTD-Verlag 2023